Jeffrey Ubben hat eine Mission. Mit seiner Investmentfirma Inclusive Capital Partners will er Unternehmen zu ökologischen und sozialen Verbesserungen bewegen, um deren Rendite zu steigern. Das tut er mit allen Mitteln. Vor einem Monat äußerte Ubben gegenüber der Financial Times 1 seinen Unmut über den amtierenden Bayer AG Vorstandsvorsitzenden und CEO Werner Baumann. Er bevorzuge einen außenstehenden Kandidaten als Baumanns Nachfolger. Auch sei eine Aufspaltung des Konzerns nicht zwingend erforderlich, doch durchaus denkbar. Ubben hat laut Reuters2 Kontakt zu Aktionären, Investoren und weiteren Beteiligten der Bayer AG aufgenommen, offensichtlich in dem Bestreben, Unterstützung für substantielle Änderungen zu erhalten. Inclusive Capital Partners hält einen Anteil von 0,83 % der Bayer Aktien im Umlauf.
Es war eben dieser CEO Werner Baumann, der 2016 die Übernahme von Monsanto initiierte. Seitdem taumelt die Aktie unter dem Druck der Schadensersatzklagen weit unter der ehemaligen 100-Euro-Marke. Die Agrar-Sparte wirft ein schlechtes Licht auf den gesamten Konzern, da die Monsanto-Pestizide nicht nur Schädlingen schaden, sondern auch Menschen und möglicherweise Bienen in Mitleidenschaft ziehen.
Nach dem 58 Mrd. EUR Deal mit Monsanto, der trotz des Widerstands der Aktionäre durchgeführt wurde, hat sich die Aktie von Bayer noch nicht von der teuren Übernahme erholt. Im April 2015 stieg der Aktienkurs auf 133.42 EUR. Die Klagen gegen Monsantos Unkrautvernichtungsmittel Roundup, das angeblich Krebs verursacht, führen seitdem zu Milliarden an Prozesskosten. Bayer behauptet, dass sein Produkt sicher ist.
Bei der Jahresversammlung der Aktionäre des Unternehmens im Jahr 2019 verlor Baumann und sein Team eine wichtige Vertrauensabstimmung. Obwohl das Ergebnis nicht bindend war, war es ein Symbol für die Zurückweisung der Geschäftsführung. Trotz der Revolte der Investoren verlängerte der Aufsichtsrat Baumanns Vertrag im Jahr 2020 bis 2024.
Ubbens Ansicht nach bemerke der Aktienmarkt nicht ausreichend die nachhaltigen Eigenschaften der Crop-Science-Abteilung von Bayer. Die Investitionen von Bayer in Technologien wie gentechnisch verändertes Saatgut könnten in den weltweiten Vertrieb integriert werden. So könnten CO₂ Emissionen in der Landwirtschaft reduziert werden, betont er.
Mit seiner ehemaligen Investmentfirma ValueAct investiert Ubben 2015 in Rolls-Royce und wurde so größter Anteilseigner des Unternehmens. Ein Jahr danach wurde dem Fonds ein Sitz im Verwaltungsrat gewährt, nachdem er versprochen hatte, sich nicht öffentlich für eine Auflösung des Unternehmens einzusetzen oder seinen Anteil zu erhöhen.
Mit einer Beteiligung von 1,8 Mrd. EUR in Microsoft gelang es Mason Morfit, Präsident von ValueAct, Mitglied des Vorstandes zu werden. Ein Muster von ValueAct und dem Nachfolger Inclusive Capital Partners ist erkennbar.
“Heute freue ich mich sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass ich als CEO zum Team Bayer wechseln werde.” verkündet Bill Anderson (56) am 8. Februar in seinem LinkedIn 3 Profil. Hashtag #TeamBayer.
“In meiner beruflichen Laufbahn habe ich mich auf zwei wichtige Dinge konzentriert: Erstens, die Arbeit an Innovationen, die das Leben verbessern, und zweitens, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Teams, die erfüllend und produktiv sind und den Menschen die Möglichkeit geben, einen dauerhaften, positiven Einfluss auszuüben.” sinniert Anderson.
“Es ist ein Unternehmen mit einer weltweit anerkannten Marke, einem klaren Fokus auf die Biowissenschaften, einer inspirierenden Vision, überzeugenden Zielen und Werten und der Überzeugung, dass Innovation der Schlüssel zur Bewältigung der größten Herausforderungen für die Menschen und unseren Planeten ist.” erläutert er in seinem Posting.
Schon am 1. April 4 startet der gebürtige US-Amerikaner bei Bayer im Headquarter Leverkusen. Baumann selbst kümmert sich um den Übergang bis zum Juni, dann übernimmt Anderson komplett das Steuer. Fast ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages tritt Baumann (60) damit seinen Ruhestand an. Rückblickend hat er trotz des Misstrauensvotums der Investoren vier von fünf Vertragsjahren lang den Konzern geführt.
Bahn frei für Bill Anderson. Der Ingenieur hat einen Bachelor of Science in Chemietechnik von der University of Texas und einen Master of Science in Chemietechnik und Management vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Der Vater von drei Kindern leitete bisher die Pharma-Sparte des Schweizer Roche-Konzerns.
Anderson (56) war in den letzten 25 Jahren in einer Reihe von weiteren leitenden Positionen in der Life-Science-Branche tätig. Unter anderem war Anderson CEO von Genentech, einem der Pionierunternehmen im Biotech-Bereich. Davor durchlief Anderson verschiedene Führungspositionen in den Abteilungen Allgemeinmanagement, Produktgestaltung und Finanzen bei Biogen, einem Vorreiter in der Biotech-Branche, und bei Raychem, einem amerikanischen Technologie- und Elektronikunternehmen, innegehabt.
Während seiner Stationen bei Biogen, Genentech und Roche beteiligte er sich an der Entwicklung und dem Einführen von 25 neuen Medikamenten, darunter 15 Blockbuster. Neben den Vereinigten Staaten hat Bill Anderson in mehreren europäischen Ländern gelebt und gearbeitet, wie z.B. im Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Belgien und der Schweiz. Jetzt folgt der architektonische Höhepunkt mit dem deutschen Leverkusen am Rhein.
Ob die Agrar-Sparte der Bayer AG in Zukunft unter Bill Anderson’s Führung bestehen bleibt, ist ungewiss. Investment-Experten, Broker und einflussreiche Aktionäre 5 drängen schon länger darauf, dass der deutsche Mischkonzern aufgespalten wird, da die beiden Hauptsparten Pharma und Crop Science kaum einen Nutzen voneinander haben. Consumer Health hingegen passt zu Pharma.
Seit Anfang des Jahres sind die Bayer Aktien um 30 % angestiegen. Am Donnerstag schossen die Bayer Aktien um 5 % nach oben und erreichten ein Achtmonatshoch seit den Führungswechsel-Nachrichten. Andersons Wahl durch den Aufsichtsrat erfolgte einstimmig. „Er ist der ideale Kandidat, um Bayer zusammen mit dem Team in ein neues, erfolgreiches Kapitel zu führen“, sagt Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann. Bill Anderson ist der zweite Manager in der Bayer Historie, der nicht aus den eigenen Reihen der Leverkusener rekrutiert wird.
Das Update erfolgt auf unseren initialen Report 04/22