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27.06.2022, Autor: Juliane Zielonka

Aktien-News: Bayer AG - Supreme Court Urteil: Kein Ende der Monsanto-Klagen — Leverkusener starten 5-Punkte-Plan zur Schadensbegrenzung

  • Bayer
  • Monsanto
  • Roundup
  • Glyphosat

Der Oberste Gerichtshof der USA - der US Supreme Court - hat am 21. Juni 2022 eine Berufung der Bayer AG im Fall der Klage des Kaliforniers Edwin Hardeman abgelehnt. Die Bayer AG wollte durch die Berufung Schadenersatz in Milliardenhöhe vermeiden, um Klagen von Konsumenten wie Hardeman abzuweisen. Der Kalifornier behauptet, Krebs durch die jahrzehntelange Anwendung des Unkrautvernichtungsmittels Roundup auf seinem Grundstück in der Bay Area entwickelt zu haben. Roundup gehört zum Produktportfolio der Firma Monsanto, die der Bayer Konzern 2016 übernommen hat. Seine Klage dient als Beispiel für tausende ähnlicher Klagen. Was bedeutet das für Investoren und Privatanleger?


Keyfacts
ISIN: DE000BAY0017
Symbol XTRA: BAYN (MI KEY: 4142198;SPCIQ KEY: 103375)
Letzter Kurs in EUR 57.79
Marktkapitalisierung EUR Mio. 66,539.6
Branche Pflanzenschutz, Pharmazeutika, Verbrauchergesundheit
Sitz Leverkusen, Deutschland
Homepage https://www.bayer.com/
CEO seit dem 1. Mai 2016 Werner Baumann
Aktienanzahl (1. März 2022) 982,424,082
Quelle: S&P Capital IQ Pro; Stand: 26. Juni 2022
Bayer AG
CEO Werner Baumann vor dem Bayer Logo in der Konzern-Zentrale. Quelle: Bayer AG

Die Ablehnung durch den Obersten Gerichtshof beinhaltet die ausbleibende Überprüfung einer Entscheidung des Bundesberufungsgerichts. Diese besagt, dass das Bundesgesetz über Insektizide, Fungizide und Rodentizide keinen Vorrang vor dem Deliktsrecht der Bundesstaaten hat. Da der US Supreme Court sich nun explizit damit nicht befasst, werden Klagen wie die von Edwin Hardeman Fälle für niedrigere Instanzen in den US-Bundesstaaten.1 Somit gehen Glyphosat-Schadensersatzforderungen für die Leverkusener in zahlreiche nächste Runden. Denn: der mögliche Lymphdrüsenkrebs, der vielleicht durch das Pestizid verursacht wird, benötigt ca. fünf bis zehn Jahre bis zum Ausbruch.

Fehlende Warnhinweise auf Roundup-Produkten

Die US Supreme Court Richter sprechen damit indirekt 23.68 Mio EUR (25 Mio. USD) Edwin Hardeman zu. Hardeman verklagte Bayer bereits 2016 mit dem Argument, dass das Glyphosat-haltige Produkt Roundup keinerlei Warnhinweise zu krebserregenden Stoffen enthielte.2 Die damalige Jury entschied zu seinen Gunsten und sprach ihm 75,78 Mio. EUR (80 Mio. USD) zu. Die Summe wurde ursprünglich aus verfassungsrechtlichen Gründen auf 18,94 Mio. EUR (20 Mio. USD) angepasst. Gegen diese Entscheidung legte Hardeman Berufung ein.

Die Kernfrage der Berufung: Ist das Recht auf Schadensersatz eines Opfers mit Personenschaden (Hardeman) ausgeschlossen durch ein Fehlverhalten (Nichtkennzeichnung des Produktes) eines Unternehmens (Monsanto/Bayer), wenn die zuständige US-Behörde EPA bestätige, Glyphosat sei nicht krebserregend?

EPA hält Glyphosat bisher für nicht krebserregend

Die Environmental Protection Agency (EPA) ist eine unabhängige Exekutivbehörde der US-Bundesregierung, die sich mit Fragen des Umweltschutzes befasst. Wenn demnach eine US-Behörde in wissenschaftlichen Studien dem Wirkstoff Glyphosat keine Krebsverursachung nachweise, so bedarf es keiner besonderen gesundheitlichen Kennzeichnung auf Roundup Produkten, die von Privatkunden wie Hardeman verwendet wurden. Kein Krebsnachweis, keine Kennzeichnungspflicht, kein Fehlverhalten des Konzerns, so die Argumentation.

Der US-Bezirksrichter Vince Chhabria aus San Francisco betonte, dass er das Recht eines Kunden, wegen einer durch das Herbizid verursachten Krankheit oder eines anderen Schadens zu klagen, nicht beeinträchtigt. Chhabria genehmigte den Vergleich. Weil der US Supreme Court die Revision von Bayer abgelehnt hat, zieht der Konzern seine Konsequenzen. Es greift der im Mai 2021 vorgestellte “5-Punkte-Plan”. Bayer hat zusätzlich 3,8 Mrd. EUR (4,5 Mrd. USD) zurückgestellt, um die zu erwartenden Forderungen von Klägern wie Hardeman im Rahmen von Vergleichen und Gerichtsverfahren abzudecken. 3

Glyphosat-Wirkstoff weiterhin in Verwendung im B2B-Segment

Ab 2023 wird das Roundup Produkt an Privatkunden mit einem alternativen Wirkstoff anstelle von Glyphosat verkauft. Den größten Umsatz mit dem Pestizid erlangt der Konzern jedoch zu 90% weiterhin über B2B-Absatz an Landwirte. Dort wird das Produkt in seiner bisherigen Zusammensetzung weiter verwendet.

Bayer AG
Ein Farmer kontrolliert die Qualität eines Maiskolbens auf dem Feld. Quelle: Bayer AG

17. Juni 2022: EPA muss Gesundheitsrisiken von Glyphosat neu bewerten

Ob sich Bayer in Zukunft auf die EPA verlassen kann, ist fraglich. Am 17. Juni 2022 fällte ein anderes Gericht das Urteil, die Aussagen der EPA seien rechtswidrig und stellte sich damit an die Seite des US-amerikanischen Centers für Nahrungsmittel-Sicherheit CFS.4

In einer 54-seitigen Entscheidung stimmte das Gericht einstimmig den Argumenten der Anfechtungskläger zu, dass "die EPA nicht angemessen geprüft hat, ob Glyphosat Krebs verursacht und sich ihren Pflichten im Rahmen des Gesetzes über gefährdete Arten entzogen hat".5 Dazu erläutert Amy van Saun, leitende Anwältin beim CFS und Hauptanwältin in diesem Fall: "Der heutige Tag ist ein monumentaler Sieg für Landarbeiter, Wildtiere und die Öffentlichkeit. Das Gericht hat die Zulassung von Monsantos Glyphosat durch die EPA für rechtswidrig erklärt und die EPA dafür gerügt, dass sie reale Beweise für Krebsrisiken bei der Verwendung von Glyphosat ignoriert und die Auswirkungen auf gefährdete Arten nicht einmal berücksichtigt hat."

Zwischenfazit

Seit der Übernahme von Monsanto im Jahr 2016 für ca. 56,83 Mrd. EUR (60 Mrd. USD) hat sich der Börsenwert der Bayer AG um ein Drittel reduziert.6 3,8 Mrd. EUR hat Bayer für die Monsanto Klagen von Privatanwendern zurückgestellt. Ein Ende der Klagen ist aufgrund der US-Supreme Court Entscheidung nicht abzusehen. Neben dem angeschlagenen Marken-Image muss der Konzern in seinen weiteren Sparten wie Life Science und Consumer Health aufholen, um die hohen Ausgaben für den Monsanto-Deal wieder auszubalancieren. Auch stellt sich für Investoren die Frage, warum sich CEO Werner Baumann für den Kauf von Monsanto offenbar trotz Zweifeln und Kritik innerhalb des Unternehmens aussprach.

Aktienchart Bayer AG
Glasklare Underperformance: Aktienkurs der Bayer AG der letzten 2 Jahre im Vergleich zum S&P Europe BMI Pharmaceuticals, Biotechnology & Life Sciences Index und dem S&P GSCI Agriculture Index. Quelle: S&P Capital IQ Pro; Stand: 26. Juni 2022

In der Pharma-Sparte hat Bayer die Zulassung von Xarelto in Japan erhalten. Der Verkauf des Blutverdünners stagniert in anderen Ländern wie China durch auslaufende Patente. Das Auslaufen ermöglicht einen Markt für Generika, also Medikamente mit gleichem Wirkstoff, die von Ärzten verschrieben werden können und preislich deutlich günstiger sind als Markenprodukte. Bayer hat einige neue Medikamente im Markt mit Fokus auf Herzkreislauf-, Nierenerkrankungen und Prostatakrebs (Nubeqa). Diese könnten für einen guten Umsatz sorgen.

Ausblick

Inwieweit Investoren den Image-Schaden rund um Monsanto verzeihen werden bleibt abzuwarten. Der Kurs für die Leverkusener wird insbesondere mit soliden Ergebnissen Punkte sammeln. Die Gaskrise in Deutschland und deren Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der damit verbundenen inländischen Produktionsorte der Bayer AG sowie der Ukraine-Konflikt mögen das europäische Geschäft beeinflussen, doch Bayer ist ein Global Player. Ob sich der 2016 getätigte Kauf von Monsanto wirklich in Aufwand und Nutzen rechnet, muss der CEO noch deutlich machen - und das sowohl vor seiner Mannschaft als auch vor den Shareholdern.


Das Update erfolgt auf den initialen Report 04/22.

Quellen / Hinweise:
  1. Reuters U.S. Supreme Court rejects Bayer bid to nix Roundup weedkiller suits - Abruf am 22. Juni 2022
  2. Public Justice Hardeman vs. Monsanto Fall - Abruf am 23. Juni 2022
  3. Bayer AG Fünf-Punkte-Plan zur Beilegung der Roundup™-Rechtsstreitigkeiten - Abruf am 23. Juni 2022
  4. Pressemeldung Center for Food Safety: EPA Urteil zu Glyphosat Federal Court Rejects Glyphosate Registration Decision Because EPA Ignored Cancer Risks, Endangered Species Risks- Abruf am 23. Juni 2022
  5. Gerichtsurteil U.S. Court of Appeals for the Ninth Circuit On Petition for Review of an Order of the

    Environmental Protection Agency
    - Abruf am 23. Juni 2022
  6. Wirtschaftswoche Bayer und das Glyphosat – das war es nicht wert - Abruf am 26. Juni 2022

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Quelle: Bayer AG

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Quelle: S&P Capital IQ Pro; Stand: 26. Juni 2022
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Juliane Zielonka

Die gebürtige Bielefelderin studierte Germanistik, Anglistik und Psychologie. Das aufkommende Internet in den frühen 90ern führte sie von der Uni zu Ausbildungen in Grafik-Design und Marketingkommunikation. Nach Jahren der Agenturarbeit im Corporate Branding wechselte sie ins Publishing und lernte ihr redaktionelles Handwerk bei der Hubert Burda Media.

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